Damit das Jahr 2020 nicht als Katastrophen-Jahr in meine Erinnerung eingeht, habe ich mir im Sommer einen Traum erfüllt: Ich bin mit dem Rad ans Meer gefahren: Von Köln ging es nach Emmeloord, am IJsselmeer. Insgesammt 478,9km hatte ich nach 7 Tagen auf dem Tacho. Das wollte ich schon lange machen und als ich mir Anfang des Jahres ein neues Rad gekauft habe, war klar - damit fahre ich ans Meer. Und dann kam Corona und bestätigte meinen Plan nur noch.
Die Planung
Im Vorfeld meiner Tour habe ich interessante Fahrradstrecken heraus gesucht. Eine davon war die Fietsalle am alten Nordkanal, die von Neuss dem alten Verlauf des Nordkanals folgt und in den Niederlanden in Nederweert endet. Auch wollte ich an Flüssen entlang fahren und das eine oder andere Naturschutzgebiet kreuzen. So weit die Überlegungen.
Viel größere Kopfzerbrechen hat mir das Equipment bereitet. Was zur Hölle nimmt man mit auf eine mehrtägige Radtour? Und wie viel braucht man? Und was kann man getrost Zuhause lassen. Am Ende kaufte ich mir zwei Fahrrad-Taschen für den Gepäckträger, Flickzeug, eine Pumpe und ein paar T-Shirts, aber dazu später mehr.
Die meisten Fragen erhielt ich zu meinen Unterkünften. Meine Unterkünfte habe ich meist am Vorabend gebucht, das hat ganz hervorragend geklappt. So konnte ich Abends entscheiden, wie fit ich bin und wie viel ich am nächsten Tag fahren möchte. Wofür man etwas mutiger sein muss, ist, die Unterkunft erst am Tag selber Mittags zu buchen. Wenn ich dann also Abends in meine Unterkunft eingekehrt war, habe ich mit Google Maps die Umgebung erkundet und meine grobe Route für den nächsten Tag geplant und dann ggf. schon direkt das Hotel gebucht. Klar ist die Auswahl begrenzt, wenn man so kurzfristig bucht, aber so kann man be der Route die größte Flexibilität. Die Hotels waren allesamt okay bis gut, sodass ich es auch weiterhin so machen würde.
Die Strecke
Etappe 1:
Gestartet bin ich in Köln vor meine Haustüre. Bei all den Radtouren in und m Köln ist mir erst aufgefallen, wie groß Köln doch ist und wie lange es dauert, mit dem Rad aus der Stadt rauszufahren. Meine erste Etappe Köln - Neuss war sehr urban - Köln dehnt sich mit seinen Vororten doch enorm aus, sodass man recht lange durch Siedlungen fährt. Danach kommt ein Stück landwirtschaftliche Fläche, also viele Felder, und dann kommen auch bereits schon die ersten Dörfer, die Neuss ankündigen. In Neuss mündet der Nordkanal, an dem die Fietsalle entlangführt, in den Rhein. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Kaarst, bei Neuss, bog ich also für die zweite Etappe auf die Fietsallee ab.
Etappe 2:
Die Fietsallee bis in die Nähe von Venlo ist ein sehr schöner, abwechslungsreicher Radweg entlang des historischen Verlaufs des Nordkanals. Anfangs erkennt man den Nordkanal noch recht deutlich - der Kanal führt Wasser, doch mit der Zeit wird das Wasser immer weniger, bis es irgendwann immer mehr verschwindet. Erst wird der Kanal zum Sumpfgebiet, dann ist da nur noch ein Graben und später sieht man ihn gar nicht mehr. Der Weg führt durch Wälder, an Feldern vorbei und durch kleine Städte, sodass es nie langweilig wird. Meine beiden Highlights waren die Erlebnisbrücke Nordkanal, eine Seilbrücke, bei der man sich über die Niers ziehen kann, und die Krickenbecker Seen, eine sehr schöne, gemütliche Seenlandschaft. Das Schloss ist leider ein Hotel und daher kann man es nicht besichtigen. Auf Grund der Corona-Pandemie umfuhr ich Venlo großräumig und bog dann gegen Norden ab und schlängelte mich zur Maas, der ich dann in Richtung Norden folgte. Den Nationalpark "De Maasduinen" streifte ich nur kurz - hier will ich auf jeden Fall nochmal hin: Heidelandschaft, Moore und Seen und Wald, eine sehr interessante Kombination. Um die Maas zu überqueren fuhr ich Fähre (Yeah! Man kommt vorran, ohne dass ich mich anstrengen muss) und dann erreichte ich schon mein Ziel: Vierlingsbeek, wo ich die Nacht verbrachte.
Etappe 3:
Da im Hotel ein Flyer von Grave, ein kleines Städchen im Norden an der Maas auslag, und das so nett und pitoresk aussah, bescloss ich spontan nach Grave zu fahren. Ich folgte also der Maas immer in Richtung Norden und passierte dabei unglaublich viele Windmühlen. Der Weg führte an den Kraaijenbergse Plassen vorbei - eine Seenlandschaft, mit vielen Vögeln, die man wunderbar beobachten kann.
Grave selbst ist wirklich ein sehr niedliches, kleines Städchen mit engen Kopfsteinpflaster-Gassen (ätzend für's Fahrrad), ausgefallenen Läden und netten Cafés. Bei einem Besuch sollte man auf jeden Fall Shopping-Laune mitbringen.
Über richtige Fahrradstraßen und teilweise sehr gut ausgebaute, zweispurige Radwege ging mein Weg dann nach Nijmwegen. Auf dem Weg bewunderte ich die moderne futuristische Architektur mancher Gebäude, freute mich über die gute Radinfrastruktur: Ein Fahrradschnellweg brachte mich ratz-fatz nach Arnhem, was das Ziel der dritten Etappe war.
Etappe 4:
In Arnheim übernachtete ich bei einem Fahrrad-Laden, der ein paar Gäste-Zimmer hatte. Dort fragte ich auch, welche Strecke sie mir in Richtung Norden empfehlen würden. Die Antwort war ganz klar: An der IJssel entlang, was die Strecke deutlich länger, aber auch deutlich schöner machte. Denn vorab schonmal: Die Städte an der IJssel sind wirklich sehr pitoresk und hübsch. Über den Deich fuhr ich also zunächst nach Zutphen, das ich jedoch nur streifte. Im Nachhinein erfuhr ich, dass es wohl auch sehr hübsch sein sollte. Für meine Mittagspause hatte ich mir nämlich Gorsse ausgesucht, ein kleines Städtchen mit großem Kunstmuseum und dazugehörigem Park. Dort machte ich es mir mit einer Tüte Chips im Schatten des ehemaligen Bahnhofes bequem und genoss meine Pause.
Bevor es dann nach Deventer ging, was ich wirklich herzallerliebst fand: Kopfsteinpflaster Gässchen mit kleinen buten Häuschen und Inhaber*innen-geführten Lädchen. Auch hier habe ich mir fest vorgenommen, nochmal wieder zu kommen. Übernachtet habe ich in Zwolle, einer hübschen alten Festungsstadt mit einem Wassergraben, der die Innenstadt umrahmt. Auch hier sind die Gassen schmal und piroresk - man merkt jedoch, dass Zwolle deutlich größer als z.B. Deventer ist - es ist mehr los und die Ketten reihen sich wie an einer Perlenschnur aneinander. Aber man kann ganz entspannt am Wasser des Kanals sitzen und den Schiffchen beim Tuckern zusehen.
Etappe 5:
Von Zwolle ist es gar nicht mehr so weit zum IJsselmeer. Ich entschloss mich dazu, weiter der IJssel zu folgen und fuhr zunächst nach Kampen, wo mich das gleiche Bild empfing: Wirklich pitoreske Altstadt mit kleinen niedlichen Häusern, Kopfsteinpflaster-Gässchen und hübschen Grachten. Kurz eine Runde durch die recht verschlafene Altstadt gedreht und dann fix weiter, immer weiter in Richtung IJsselmeer.
Wirklich imposant fand ich die Ramspolbrug - eine breite und lange Klappbrücke, die natürlich als ich dort ankam hochgeklappt wurde, damit ein paar Schiffe hindurch fahren konnten. Und kaum ist man über die Brücke geheizt, hat man auch schon Emmeloord unter sich: Der Polder ist lanschaftlich eher langweilig - flaches Land umgeben von einem Deich. Hier werden Tulpen und Zwiebeln angebaut - im Sommer gibt's hier also nichts zu sehen. Stadtplanerisch ist der Ort schon interessanter. Der Polder ist nach dem Prinzip der "Zentralen Orte" besidelt worden. Aber auch als Vollblut Urbanistin: Es sieht leider nur aus der Vogelperspektive spannend aus.
Ich kam an einem Sonntag in Urk, dem kleinen Fischerdörfchen, an - daher hatte leider so gut wie nichts auf. Ein Eis am Hafen durfte trotzdem sein. Übernachtet habe ich dann in Emmeloord selbst.
Etappe 6:
Von Emmeloord ging's dann weiter nach Almere - die Stadt hatte ich wegen ihrer modernen Architektur au der "Potenzielle-Urlaubs-Ziele"-Liste. Der Weg dorthin war regnerisch und trüb - ich habe sehr stimmungsvolle Fotos vom IJsselmeer machen können. Aber als es wieder etwas aufklarte konnte ich noch das eine odere andere Haus auf dem Weg bestauenen: Niderländiche Architektur finde ich seh spannend und finde es wirklich bemerkenswert, wie sich kleine Grachten durch Wohngebiete ziehen. Auf die Terassen am Ufer bin ich immer etwas neidisch. Almere ist architektonisch sehr spannend - die Innenstadt ist nahzu autofrei, sodass man gut herumschlendern kann. Mich erfasste leider ein heftiges Gewitter, sodass ich den Abend im Hotel verbrachte.
Etappe 7:
Als Ziel habe ich spontan Utrecht auserkoren - es war nicht ganz so weit weg und es schien wirklich hübsch zu sein. Leider verfolgte mich auf dem Weg eine große Regenwolke, sodass ich immer wieder Rast in Bushaltestellen-Häuschen machte. Ich hatte zwar eine Regenjacke und eine Regenhose mit, doch ohne fuhr es sich doch besser. Auf dem Weg kreuzte ich Naarden, was seit Jahren auf meiner Liste steht und vergaß, dass ich es so gerne besuchen wollte. Tja- beim nächsten Mal eben! Stattdessen fuhr ich durch die Loosdrechse Plaasen - eine riesige Seelandschaft, die beim Abbau von Torf entstanden ist. Besonders die Seenlandschaften hatten es mir während der Reise angetan, sodass das ein schöner Abschluss war. Und zu guter Letzt erreichte ich im Trockenen Utrecht und konnte dort noch etwas durch die Straßen schlendern. Utrecht ist wirklich hübsch, an den Grachten kann man schön spazieren gehen und die vielen kleinen Läden laden zum Bummeln ein. Ich machte es mir also mit Tee und Avocado-Brot an einer Gracht gemütlich und genoss die Sonne. Nach Utrecht möchte ich auf jeden Fall nochmal.
Zurück ging es dann mit der Bahn - das Bahnticket nach Venlo hatte ich eine Stunde vor Abfahrt gekauft. Für Fahrräder muss man eine extra Reservierung haben - aber auch das ging ganz einfach online. Von Venlo aus ging es über Mönchengladbach nach Köln. Die Bahnfahrt verlief reibungslos, wie ich das im Nahverkehr oft gewöhnt bin.
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